Die Lebensmittelindustrie steht vor großen Herausforderungen: zukünftige Überpopulation, Klimawandel und Monokulturen. Es bedarf daher neuer Konzepte, sowohl in unserer Ernährung als auch der Landwirtschaft, um in Zukunft die gesamte Menschheit nachhaltig ernähren zu können. Johannes Müller, Research & Development bei Unilever, hat vor diesem Hintergrund drei Fragen zur Ernährung der Zukunft beantwortet.
Wie werden sich die "Nahrungsmittel von morgen" aufgrund der steigenden Weltbevölkerung verändern?
Die wachsende Weltbevölkerung ist eine sehr große Herausforderung für uns alle, insbesondere auch im Bereich der Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion und auch unter den Vorzeichen eines stattfindenden Klimawandels. So gibt es bereits Indikationen, dass mit der weltweit sinkenden Biodiversität und vermehrtem Einsatz von Monokulturen die Anzahl der noch zur Verfügung stehenden weltweiten Ernten je nach Quelle nur noch ca. 50 beträgt.
Unilever und die Marke Knorr setzten sich daher verstärkt für eine größere Biodiversität in der Landwirtschaft ein und haben in Kooperation mit dem WWF in 2019 die Initiative „Future50 Foods“ ins Leben gerufen, die es sich zum Ziel macht, die Nahrungsmittelbandbreite wieder zu vergrößern und den Einsatz von 50 pflanzenbasierten Nahrungsmitteln unter Beachtung von nachhaltiger Landwirtschaft zu fördern. Dies ist auch insofern wichtig, da der Nahrungsmittelbedarf nicht weiter über den sehr ressourcenintensiven Einsatz von Fleisch und Fleischprodukten gedeckt werden kann. Die nahe Zukunft wird sich also vermehrt mit pflanzenbasierter proteinreicher Ernährung befassen und sehen müssen, wie die ansteigende Bevölkerung damit effizient und vor allem nachhaltig versorgt werden kann.
Daneben gibt es noch viele weitere Entwicklungen und teils gegenläufige Trends zu beachten, so zum Beispiel der Kontrast zwischen Überernährung – Studien zufolge soll es 2022 erstmal mehr Übergewichtige auf der Welt geben als Unterernährte – und Food Waste einerseits und wirklicher Mangelernährung in einigen Gebieten der Welt andererseits. Diesen Herausforderungen müssen die Nahrungsmittel von morgen gerecht werden.
An welchen neuen Nahrungsmitteln wird bereits heute getüftelt?
Ein großer Trend ist der Bereich der pflanzenbasierten Ernährung, die sich mit alternativer Proteinzufuhr fernab von Fleisch und Fleischprodukten beschäftigt und vegetarische oder sogar vegane Alternativen anbietet. Aufgrund eines wachsenden Bewusstseins in der Bevölkerung ist dies auch ein steigender Markt, der noch viele Möglichkeiten zur alternativen Ernährungsweise ohne Fleisch mit sich bringen wird. Zudem sind Produkte, die zu einer reduzierten Salz-, Zucker- und Fettaufnahme beitragen ohne dabei an Geschmacks- und Produkterlebnis einzubüßen herausfordernd und für uns von Relevanz.
Welche weiteren Ansätze wären grundsätzlich möglich?
Aktuell gibt es u.a. schon Ansätze, zukünftig Fleisch im Labor zu kultivieren und somit ressourcenschonend und vor allem das Tierwohl berücksichtigend herzustellen, was ein Riesenfortschritt wäre. Zudem wird die Digitalisierung auch im Nahrungsmittelbereich vermehrt Einzug halten. Hier sehe ich weitere mögliche Entwicklungen z.B. im Bereich der 3D-Drucker für Nahrungsmittel und der personalisierten Ernährung, wo die Nahrung für einzelne Personen basierend auf DNA-Analysen empfohlen und maßgeschneidert hergestellt werden wird.